Unterwegs im Kaukasus 15 - Die kaukasische Hochzeit


Regionale (künstliche) Haartracht

Zeit, um Abschied zu nehmen vom Kaukasus, von unserem Blockhaushotel in Tscheget, von Oleg, Alexej und der Besatzung der Kantine. Ein letzter Gang über den "Rummelplatz", ein paar Andenken kaufen. Wir wollen noch ein wenig Geld tauschen, und da sind sie wieder, die Italiener.


Ivana die Schreckliche

Und wieder haben sie es mit dem Anstellen nicht so und reihen sich direkt vor uns ein. Erstaunlich, wie robust schlechte Manieren sein können. Die Tante hinterm Schalterfenster aber behandelt jeden "Kunden" mit der gleichen Eiseskälte und Herablassung, Italiener oder nicht. Geknickte oder eingerissene Euroscheine werden wortlos zurückgeschoben, ohne Russischkenntnisse geht ohnehin gar nichts. Bis die Rubel zurückkommen, hätte ich die Scheine auch zeichnen können. In Russland gehen die Uhren nicht anders, sie stehen zuweilen. Schikane oder Unwillen? Es ist müßig, drüber nachzudenken. Russland fordert Geduld.

Jonathan war auch oben!

Ein letztes Bier auf dem Markt, und die Erkenntnis, dass man auch aus einer normalen Kloschüssel ein Stehklosett bauen kann, mit etwas Fantasie. 



Dann räumen wir unser Zimmer und ich laufe zur Rezeption um den Schlüssel abzugeben. Dort checkt gerade eine Gruppe Männer aus und ich stehe neben einem, der mich so mustert wie ich ihn. Irgendwie kennen wir uns....?? Aber woher? Dann fallen wir beide vor Lachen fast um: Es ist der Atemübungs-Umfallmann von gestern. Jonathan heißt er also, kommt aus Israel und hat es tatsächlich bis auf den Gipfel geschafft. Hut ab! Was für eine Leistung!

"Den kenn ich doch!?" Jonathan und Olaf

Rückzug in die Zivilisation


Dann geht´s nach Naltschik, der Provinzhauptstadt. Das Tagesprogramm sieht eine Fahrt zu einem geologisch bedeutenden See vor. Andrea und ich verzichten, wir sitzen morgen noch lang genug in Bussen und Flugzeugen und wollen lieber die Stadt erkunden. Till verzichtet aufgrund der Party vom Vorabend. Unser Hotel "Nart" war zu Sowjetzeiten ein Luxusbunker, gut gebucht für verdiente Genossen und Genossinnen. Drei Etagen sind schon renoviert, eine beziehen wir. Ein Rest des einstigen Glanzes lässt sich noch erahnen, wenn man die Treppe nimmt. Das ist ohnehin sinnvoll, denn der Aufzug hat eine gespaltene Persönlichkeit und fordert Sprints beim Betreten und Verlassen, sofern man in einem Stück oben oder unten ankommen will. Die Baustellenetagen stehen offen und laden ein, den Hammer zu schwingen. 

Der verblasste Glanz sowjetischer Luxusgastronomie

Kaukasische Hochzeiten und russisches Eis


Es ist Samstag, ein Glücksfall für uns. Gegenüber unseres Hotels liegt ein Park von schier unendlichen Ausmaßen. Und vor diesem Park Getöse, Motorenlärm, Musik. Es wird geheiratet, und zwar am Fließband. Die Paare und ihre Freunde legen Blumen an einem Denkmal für Kriegshelden ab, dann wird getrommelt und getanzt, Sekt getrunken, Gläser zerschmissen, und dann kommen die nächsten. Das Ganze erinnert eher an griechische oder türkische Zeremonien, weniger an russische. Es sind auch kaukasische Gesichter, kaum russische. Allein der russische Präsident prangt überlebensgroß an vielen Straßenecken von Plakatwänden, meist mit Sonnenbrille und in James Bond-Pose. Nun ja, wir sitzen vor dem Park auf einer Bank, beobachten die Hochzeiten, schwatzen mit älteren Leuten und trinken Kwas. Bevor ich filme, frage ich einen der herumstehenden Kleiderschränke, ob das okay ist. Man weiß ja nie, vielleicht wirkt das Putinplakat doch und ich wache erst in der Charité wieder auf. Aber nein, die Kaukasier freuen sich, fragen uns aus und laden uns ein zu filmen. Nach etwa zehn Hochzeiten verabschieden wir uns von den alten Leuten um uns herum und schlendern in die Stadt hinein.





So langsam nähert sich unserer Reise dem Ende. Nächste Woche geht's weiter.

Eine schöne Woche wünscht Olaf


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